GaTe: Neues Kooperationsprojekt zur Prävention familiärer Tötungsdelikte gestartet

forschungsprojekt zur prävention von tötungsdelikten
Das Team der Projektleitung: Uwe Stürmer, Polizeipräsident in Ravensburg und Projektkoordinator, Prof. Rebecca Bondü (PHB), Prof. Thomas Görgen (DHPol) und Frank Sicking (VDI Technologiezentrum). Foto: A. Tutschner/Schwäbische

Tötungsdelikte in Partnerschaft und Familie im Blick: das Polizeipräsidium Ravensburg, die Deutsche Hochschule der Polizei und die Psychologische Hochschule Berlin (PHB) haben vor kurzem das gemeinsame Forschungsprojekt GaTe („Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie“) gestartet. Ziel des Projektes ist es zu untersuchen, inwiefern Tatandrohungen und -signale im Vorfeld (Leaking) Ansatzpunkte für eine verbesserte Prävention von Intimiziden darstellen könnten. An der PHB wird das Projekt unter Leitung von Prof. Dr. Rebecca Bondü am Fachbereich Entwicklungs-, Pädagogische und Familienpsychologie durchgeführt, wo im Rahmen des Projekts Lateran bereits zu Leakingphänomenen im Vorfeld von Amoktaten geforscht wurde.

 

Den Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik zufolge wurden allein im Jahr 2020 in Deutschland 139 Frauen und 30 Männer von ihren aktuellen oder früheren Partnern und Partnerinnen getötet; hinzu kommt ein Mehrfaches an Fällen, in denen die Betroffenen solche Tötungsversuche oftmals nur knapp überlebten. Immer wieder wird dann die Frage aufgeworfen, ob derartige Taten nicht hätten früher erkannt und durch rechtzeitiges Eingreifen – z.B. der Polizei – verhindert werden können.

 

Tötungsdelikte in intimen Beziehungen und ihre mögliche Früherkennung und Verhinderung stehen nun im Fokus des im Mai 2022 gestarteten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts „Polizeiliche Gefährdungsanalysen zu Tötungsdelikten in Partnerschaft und Familie“ (GaTe). Tötungen der Partnerin oder des Partners, sogenannte Intimizide, sind zumeist nicht spontane „Kurzschlusshandlungen“ oder plötzliche „Eifersuchtsdramen“. Vielmehr stellen sie in der Regel tragische Schlusspunkte längerer Konflikte dar, die auch im Verhalten und in Äußerungen von Tätern bzw. Täterinnen zum Ausdruck kommen können. Das Forschungsprojekt GaTe untersucht solche Hinweise auf eine möglicherweise bevorstehende Tat und greift dabei auf Erkenntnisse aus der Forschung zu anderen schweren Gewaltformen (Amoktaten, terroristische Anschläge) zurück, die gezeigt hat, dass die späteren Täter und Täterinnen im Vorfeld fast immer sogenanntes Leaking zeigen. Dazu gehören z.B. Androhungen einer Tat ebenso wie tatbezogene Äußerungen oder auffällige Änderungen im Verhalten. Leaking kann ein zentraler Ansatzpunkt für die Prävention von Intimiziden sein.

 

Ziel des vom Ravensburger Polizeipräsidenten Uwe Stürmer koordinierten Forschungsprojekts ist es, durch eine Verbesserung des Erkennens und der Bewertung von Leaking und anderen Warnsignalen die Gefährdungsanalyse und das Gefahrenmanagement in Bezug auf solche folgenschweren Taten erfolgreicher zu machen und letztlich Intimizide zu verhindern. Im Rahmen des Projekts wird zum einen untersucht, auf welche Weise, mit welchen Mitteln und mit welchem Erfolg Polizeibehörden in Deutschland bislang versuchen, hochriskante Beziehungskonstellationen zu erkennen und wie sie mit den erkannten Gefährdungen umgehen. Zum anderen werden auf der Basis von Justizakten aus einschlägigen Strafverfahren versuchte und vollendete Tötungsdelikte sowohl in bestehenden Partnerschaften als auch in Ex-Partnerschaften detailliert mit Blick auf ihre Vorgeschichte und mögliches Leakingverhalten analysiert. Auch durch Vergleiche mit weiteren Fällen aus dem Bereich von Beziehungskonflikten und ‑gewalt werden Kriterien herausgearbeitet, anhand derer die Bewertung der Ernsthaftigkeit von Tatankündigungen möglich ist. Die Erkenntnisse aus der Studie werden in ein praxisgerechtes Schulungskonzept umgesetzt, das im Rahmen des Projekts erprobt und im weiteren Verlauf auch allen Länderpolizeien für ihre Gefährdungsanalysen zur Verfügung gestellt wird.

 

Das Projekt wird im Rahmen des Forschungsprogramms „Anwender-Innovativ: Forschung für die zivile Sicherheit II“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (www.sifo.de).

 

 

ViContact 2.0: BMBF bewilligt Förderung von Verbundvorhaben unter Koordination von Prof. Renate Volbert

Prof. Volbert, Leitung des Fachbereichs Rechtspsychologie an der PHB
Prof. Dr. Renate Volbert

Rechtspsychologie an der PHB: das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat zum 1. Oktober die Förderung des Verbundprojekts „Erstgespräche bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch – Professionalisierung von Erstbefragenden verschiedener Professionen durch Übung in virtuellen Szenen (ViContact 2.0)“ bewilligt. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird von Prof. Dr. Renate Volbert, Leiterin des Fachbereichs Rechtspsychologie an der PHB, koordiniert.

 

Es handelt sich um ein gemeinsames Forschungsvorhaben der Europa-Universität Flensburg, Institut für Sonderpädagogik (Prof. Dr. Simone Pülschen), der Georg-August-Universität Göttingen, Schwerpunktprofessur Forensische Psychiatrie und Psychotherapie (Prof. Dr. Jürgen Müller) und der Psychologischen Hochschule, Professur für Rechtspsychologie (Prof. Dr. Renate Volbert). Die Projektkoordination erfolgt durch Prof. Dr. Volbert.

 

Von 2018 bis 2021 wurde im ebenfalls BMBF-geförderten Verbundprojekt ViContact von den Projektpartnern bereits ein Trainingskonzept für Erstgespräche bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt für Lehramtsstudierende entwickelt, das neben einem handlungsorientierten Training in Seminarform ein Trainingsmodul enthält, in dem feedbackgestützte Gespräche mit Kindern in realitätsnahen virtuellen Szenen praktisch geübt werden können (VR-Training). Dieses Trainingsformat soll nun zur Disseminationsreife geführt und in enger Abstimmung mit Praxispartner*innen zu einem breit einsetzbaren Angebot weiterentwickelt, für weitere Zielgruppen erschlossen und in Praxistests evaluiert werden.

 

In der Berliner Arbeitsgruppe wird das bereits entwickelte VR-Training auf der Basis der Erkenntnisse der ersten Förderphase inhaltlich verbessert, um ein optimales Trainingsergebnis zu erreichen. Außerdem wird es um ein Dokumentationsmodul ergänzt, so dass auch das Dokumentieren eines Gesprächs praktisch feedbackgestützt geübt werden kann. Ferner sollen die bisher gewonnenen Erkenntnisse für eine weitere Zielgruppe adaptiert werden, die Kinder unter Rahmenbedingungen befragt, welche vom schulischen Kontext abweichen (z.B. jüngeres Alter, fehlende Bekanntschaft zwischen Fachkraft und Kind etc.): In Kooperation mit PraxispartnerInnen aus dem Kinderschutz soll ein zielgruppenspezifisches handlungsorientiertes Training entwickelt und evaluiert werden, das u.a. ein Feedback zu Praxisgesprächen nach vorherigen Probegesprächen in der virtuellen Realität vorsieht.

 

Als Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen sind Dipl.-Psych. Anett Tamm und Elsa Gewehr (M.Sc. Psychologie, M.Sc. Rechtpsychologie) in der Berliner Arbeitsgruppe tätig.

 

Das Projekt hat am 1.10.2021 begonnen und hat eine Laufzeit von 36 Monaten; das Gesamtfördervolumen umfasst 1.085.000 €; das Fördervolumen für die PHB beträgt 348.624 €.

Virtuell und international: 19. Tagung der Fachgruppe Rechtspsychologie der DGPs wurde dieses Jahr von der PHB ausgerichtet

rechtspsychologie an der phbDie 19. Tagung der Fachgruppe Rechtspsychologie der DGPs wurde dieses Jahr erstmals von der PHB ausgerichtet. Die Konferenz hat vom 22. bis 24. September 2021 aufgrund der Pandemiebedingungen online stattgefunden. Als Keynote Speaker konnten mit Prof. Dr. Michael Seto, Dr. Taina Laajasalo und Prof. Dr. Matthias Gamer international renommierte ReferentInnen aus verschiedenen Bereichen der Rechtspsychologie gewonnen werden.

 

Die Rechtspsychologie ist an der PHB seit 2015 mit einer eigenen Professur für Rechtspsychologie (Prof. Dr. Renate Volbert) und seit 2018 zusätzlich mit einer Juniorprofessur für Familienrechtspsychologie (Prof. Dr. Jelena Zumbach-Basu) vertreten und wird durch rechtspsychologische Forschungsaktivitäten der Professur für Entwicklungs-, Pädagogische und Familienpsychologie (Prof. Dr. Rebecca Bondü) ergänzt. Die PHB stellt somit einen Ort dar, an dem thematisch vielfältige rechtspsychologische Forschung realisiert wird.

 

Von den drei rechtspsychologischen Arbeitsgemeinschaften ausgerichtet, hat die Tagung der Fachgruppe Rechtspsychologie der DGPs dieses Jahr nun erstmals an der PHB stattgefunden. Als Keynote Speaker konnten international renommierte ReferentInnen aus verschiedenen Bereichen der Rechtspsychologie gewonnen werden, die Vorträge zu aktuellen Forschungsthemen hielten:

 

  • Prof. Dr. Michael Seto (Forensic Mental Health, The Royal’s Institute of Mental Health Research, Ottawa, Canada): Psychological Risk Factors for Sexual Offending Against Children
  • Dr. Taina Laajasalo, Chief Specialist (Finnish Institute of Health and Welfare, University of Helsinki): The Barnahus-model and experiences from Finland
  • Prof. Dr. Matthias Gamer (Universität Würzburg): Können wir uns zuverlässig an traumatische Erfahrungen erinnern?

 

Aufgrund der Pandemiebedingungen hat die Tagung im Onlinemodus stattgefunden – dabei wurde jedoch mit innovativen Formaten gearbeitet, die trotz Virtualität einen lebendigen und persönlichen Auzstausch ermöglichten. Informationen zum Tagungsprogramm sind auf der Tagungswebsite verfügbar.

Auszeichnung: Alfred-Binet-Preis an Prof. Dr. Renate Volbert verliehen

prof. renate volbertAuf der Tagung der Fachgruppe Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) wurde Prof. Dr. Renate Volbert am 16. September der Alfred-Binet-Preis für die Förderung der Qualität in der Psychologischen Diagnostik verliehen.

 

In der Laudatio durch den vorherigen Alfred-Binet-Preisträger, Prof. Dr. Karl Schweizer, hieß es: „Frau Prof. Renate Volbert wird für ihre Forschungsarbeiten und praktische Tätigkeit im Bereich der forensischen Begutachtung geehrt, in deren Mittelpunkt die Beurteilung der Glaubhaftigkeit von gerichtlich-relevanten Aussagen stand. Sie hat sich für eine methodisch verantwortungsvolle psychologische Diagnostik in diesem Bereich eingesetzt und damit sehr zur Qualitätssicherung und -optimierung der Psychodiagnostik in diesem Bereich beigetragen. […] Frau Volbert hat durch ihre Pionier- und Konsolidierungsleistungen zur Glaubwürdigkeitsproblematik, einem Thema mit großer gesellschaftlicher Relevanz, der psychologischen Diagnostik Anerkennung verschafft, die weit über den Bereich der Psychologie hinaus in Politik, Rechtsprechung und die interessierte Öffentlichkeit reicht.“

 

Der Alfred-Binet‐Preis wird alle zwei Jahre auf der Tagung der Fachgruppe für Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik verliehen. Über die Vergabe des vom Hogrefe-Verlag gestifteten und mit 2.500 € dotierten Preises entscheidet die Fachgruppe Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik gemeinsam mit dem Diagnostik- und Testkuratorium der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen.


Prof. Renate Volbert ist deutschlandweit eine der führenden Expertinnen in den Bereichen der forensischen Begutachtung und Aussagepsychologie. Sie ist seit 2015 Leiterin des Fachbereichs Rechtspsychologie an der Psychologischen Hochschule Berlin. Die PHB gratuliert herzlich zu dieser verdienten Würdigung ihrer Arbeit!

 

Antrittsvorlesung: Prof. Jelena Zumbach offiziell zur Juniorprofessorin für Familienrechtspsychologie ernannt

Rechtspsychologie an der PHB: prof. jelena zumbach, fachbereich rechtspsychologie der phb sie lehrt nun schon einige Monate an der PHB – seit ihrer Antrittsvorlesung ist Prof. Jelena Zumbach nun aber auch offiziell Inhaberin der deutschlandweit einzigen Professur für Familienrechtspsychologie. In ihrer Vorlesung präsentierte Prof. Zumbach Einblicke in die Forschung zur Entstehung und Bedeutung kindlicher Willenshaltungen – ein Thema, zu dem empirisch-psychologische Erkenntnisse bisher kaum vorliegen.

 

Nachdem sie den Fachbereich der Familienrechtspsychologie skizziert hatte, stellte Prof. Zumbach eine Pilotstudie zur Entstehungsprozessen von kindlichen Willenshaltungen vor, die unter ihrer Mitwirkung an der Universität Oldenburg entstanden war. Anschließend präsentierte sie Ausblicke auf ihre künftige Forschungsarbeit an der PHB, die sich mit den längsschnittlichen Einflüssen psychischer und entwicklungsrelevanter Merkmale im Rahmen psychologische Begutachtungen im Familienrecht befassen wird.

 

Prof. Siegfried Preiser, Rektor der PHB, überreichte im Anschluss die Ernennungsurkunde. Psychologinnen und Psychologen, die familienrechtspsychologische Gutachten erstellen, gäbe es viele in Deutschland, so Preiser in seiner Laudatio. Die wissenschaftliche Fundierung der Familienrechtspsychologie jedoch brauche in Deutschland verstärkte und neue Impulse. „Wir sind stolz und glücklich, dass wir mit Frau Zumbach eine wissenschaftliche Expertin auf diesem Gebiet gewinnen konnten und dass wir mit ihrer Forschung in der Zukunft an der PHB wichtige Grundlagen für die Berücksichtigung des angestrebten Kindeswohls bei familienrechtlichen Entscheidungen entwickeln können“, so Preiser abschließend.


Zum Hintergrund: Prof. Zumbach ist Fachpsychologin für Rechtspsychologie (BDP/ DGPs) und war nach ihrem Studium als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg tätig. Im Rahmen ihrer Dissertation „Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen in familienrechtlichen Verfahren“ hat sie sich mit Kindern in Hochrisikolagen beschäftigt, deren Entwicklungschancen in besonderem Maße von sorgfältigen familienrechtspsychologischen Gutachten abhängen. Ihre Dissertation war 2018 auf der Shortlist für den Deutschen Studienpreis, mit dem Arbeiten aus allen Forschungsdisziplinen ausgezeichnet werden, die neben fachwissenschaftlicher Exzellenz besondere gesellschaftliche Bedeutung aufweisen.

 

Mit der Einrichtung der Juniorprofessur möchte die PHB die Forschung in der Familienrechtspsychologie fördern. Dieser gesellschaftlich wichtige Bereich ist bislang an staatlichen Universitäten überhaupt nicht vertreten. Will man aber die vielfach angemahnte Verbesserung der Qualität familienrechtlicher Gutachten erzielen, reicht die Formulierung von Mindestanforderungen an die Qualität von Gutachten nicht aus. Diese führen im optimalen Fall dazu, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis umgesetzt werden. Wird eine Weiterentwicklung der Qualität familienrechtlicher Gutachten angestrebt, muss auch in familienrechtspsychologische Forschung investiert werden.

 


 

Zum Fachbereich Rechtspsychologie an der PHB

Zum M.Sc. Rechtspsychologie

Auszeichnung: PHB-Studentin Elsa Gewehr erhält Preis der European Association of Psychology and Law

Elsa Gewehr, Studentin der Rechtspsychologie an der PHBRechtspsychologie an der PHB: Unter dem Motto „Uses and limits of psychological expertise in legal processes“ fand die diesjährige Tagung der European Association of Psychology and Law (EAPL) in Turku, Finnland statt. Auch mehrere Mitarbeitende und Studierende der PHB nahmen daran teil.

 

Rechtspsychologiestudentin Elsa Gewehr, die für ihre Teilnahme ein Tagungsstipendium des Fördervereins der PHB erhalten hatte, wurde für ihr Poster „Guilty and innocent suspects` perceptions of police interviews.. or why being friendly is a police officer`s best shot“ von der EAPL- student society mit dem Preis für das beste Poster ausgezeichnet.

 

Herzlichen Glückwunsch!