Welche Effekte hatte und hat die Corona-Pandemie auf ArbeitnehmerInnen? Wie hat sich ihr Wohlbefinden und ihr Stresserleben unter den Bedingungen erzwungener Telearbeit verändert? Eine Gruppe von vier ForscherInnen aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden – darunter Prof. Tim Vahle-Hinz von der PHB – hat dies in einer Studie untersucht, die besondere sozialwissenschaftliche Einblicke in die Effekte der Corona-Pandemie gewährt. Erste Ergebnisse haben die ForscherInnen nun im International Journal of Psychology veröffentlicht.
Die Forschungsgruppe startete 2020 mit einer Studie, in deren Rahmen sie die Auswirkungen eines neuen Urlaubskonzeptes („Unlimited Leave“) erforschen wollte. Dabei sollten Parameter arbeitsbezogenen Wohlbefindens wie Arbeitslast, Arbeitszufriedenheit, Autonomie und Work-Non-Work-Balance mit quantitativen Methoden untersucht werden. Die Erhebungsphase begann im Januar 2020. Als die Corona-Pandemie in den Niederlanden zu landesweiten Einschränkungen sozialer Kontakte führte, bedeutete dies für die Mehrzahl der am Projekt teilnehmenden Beschäftigten einen Übergang zu erzwungener Telearbeit.
Das Forschungsprojekt wandelte sich daraufhin zum Teil in ein nicht vorhergesehenes Feldexperiment, welches die Chance bot, Veränderungen von Wohlbefinden und Stresserleben bei den ArbeitnehmerInnen vor dem Hintergrund der Pandemieentwicklung zu beobachten. Dazu wurden die untersuchten Parameter wie Arbeitszufriedenheit, Arbeitsengagement, Work-Non-Work-Balance und Autonomieerfahrung weiter fokussiert und durch qualitative Fragen mit Pandemiebezug ergänzt.
Erste Ergebnisse ihrer Erhebungen haben die ForscherInnen nun im International Journal of Psychology veröffentlicht. Die Ergebnisse sind komplex und spiegeln die Verschiedenartigkeit der Herausforderungen wieder, denen sich Berufstätige seit Beginn der Pandemie gegenübersehen. Sie weisen darauf hin, dass demographische Aspekte wie Alter, Geschlecht und Familienstand einen Einfluss darauf haben können, wie Menschen die Pandemie und ihre Auswirkungen wahrnehmen. Und sie zeigen, wie Menschen – oft in auch für die ForscherInnen überraschender Weise – in der Lage sind, Krisen- und Transformationsprozesse zu bewältigen.
Konkret stellte sich heraus, dass Indikatoren arbeitsbezogenen Wohlbefindens unterschiedlich durch die Pandemie beeinflusst wurden, wobei teilweise sehr dynamische Entwicklungen zu verzeichnen waren. So zeigten sich die Befragten zu Beginn der Pandemie stärker zufrieden mit ihrer Arbeit als vor der Pandemie – während sie aber gleichzeitig ein sinkendes Arbeitsengagement empfanden. Im Bereich der Work-Non-Work-Balance waren zu Beginn der Pandemie, wie von den ForscherInnen erwartet, sinkende Zufriedenheitswerte zu verzeichnen – was auf Probleme in der Vereinbarung von unterschiedlichen Rollen und Lebensbereichen hindeutet. Es zeigte sich aber, dass diese Werte im Laufe der Zeit wieder positiver wurden. Die Interpretation der ForscherInnen: „It seems that once employees have adapted to the initial stress of the pandemic and to forced telework, they may also benefit in terms of enriched work and well-being.“ Vor dem Hintergrund ihrer Forschungen lautet die Empfehlung der Forschungsgruppe entsprechend: „Harnessing and increasing these positive effects is essential, because we expect that telework is here to stay and hybrid work will become the future“.
Informationen zum Artikel:
C. Syrek, J. Kühnel, T. Vahle-Hinz, J. de Bloom: „Being an accountant, cook, entertainer and teacher-all at the same time: Changes in employees‘ work and work-related well-being during the coronavirus (COVID-19) pandemic“ in: International Journal of Psychology, 2021 April, 7; doi: 10.1002/ijop.12761