„Jenseits der Mauer: Psychologie in der DDR“ – Öffentliche Vortragsreihe der PHB im Sommersemester

Inwieweit wird die Psychologie als Fachrichtung vom politischen und ideologischen Rahmen der Gesellschaft geprägt, in der sie angesiedelt ist? Welche Einflüsse hatte konkret das DDR-System auf die Psychologie und ihre Anwendungsbereiche? Inwiefern unterschied sich psychologische Ausbildung und Praxis innerhalb der DDR im Vergleich zu unserem heutigen System – und wo gab es Gemeinsamkeiten? Und inwieweit wurde die Psychologie in der DDR politisch instrumentalisiert? Fragen wie diesen widmet sich die öffentliche Vortragsreihe „Jenseits der Mauer: Psychologie in der DDR“ an der PHB im aktuellen Sommersemester.

 

Die Semesterreihe ist Teil der übergeordneten Vorlesungsreihe „Psychologie & Gesellschaft“, die die PHB seit letztem Jahr in Kooperation mit der Sektion Politische Psychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) ausrichtet. Als ReferentInnen eingeladen sind Prof. a.D. Susanne Guski-Leinwand sowie Dr. Rainer Erices, die im Rahmen des Verbundprojekts „Seelenarbeit im Sozialismus“ (SISAP) zur Rolle der Psychologie in der DDR geforscht haben. In ihren Vorträgen werden sie faszinierende Einblicke in die Geschichte und Entwicklung des Fachs Psychologie in der DDR geben.

 

Die Vorträge sind kostenlos und für die breite Öffentlichkeit zugänglich – alle Interessierten sind herzlich eingeladen! Weiterführende Informationen und Möglichkeiten zur Anmeldung finden sich unter den Links zu den einzelnen Veranstaltungen.

Beachvolleyball, League of Legends oder Zumba: PHB ist jetzt kooperierende Universität im Berliner Hochschulsport

Seit dieser Woche ist die PHB kooperierende Universität in der Zentraleinrichtung Berliner Hochschulsport. Damit haben Studierende und Mitarbeitende ab dem Sommersemester die Möglichkeit, Kurse aus dem Sportangebot der beteiligten Berliner Universitäten zu nutzen.

 

Ob Wassersport, Klettern oder Pilates – ob regelmäßige Kurse, einmalige Workshops oder Turniere: der Berliner Hochschulsport bietet jedes Semester ein einzigartig vielfältiges Angebot an Kursen für mehr als 50.000 Teilnehmende.

 

Interessierte können sich über die Websites der beteiligten Universitäten anmelden. Bei der Abfrage des Status klicken Studierende die Kategorie „Student*in“ und in der Folge den Namen der PHB an – Mitarbeitende wählen „Beschäftigte*r“. Einzelheiten sind den Webseiten der verschiedenen Hochschulsporteinrichtungen zu entnehmen.

 

Schnappt Euch die Yogamatte, zieht die Sportsocken hoch und nutzt das Sommersemester 2023 dafür, einen neuen Sport auszuprobieren oder neue Menschen kennenzulernen. Schon jetzt gibt es eine Vorschau der verfügbaren Kurse bei einigen Universitäten – die Anmeldung ist ab Ende März online auf den Seiten der beteiligten Universitäten möglich. Ihr könnt euch nicht entscheiden? Dann nutzt den Uni-Sport-Omat!

Ausgezeichnet: Nina Piel belegt beim Science Slam des 63. DGP-Kongresses den zweiten Platz

Unter dem Motto „Digital und empathisch“ fand Ende der vergangenen Woche vom 29. März bis 01. April der 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Düsseldorf statt. Im Rahmen des Science Slam, des Programmhighlights des Kongressses, trat M.Sc. Nina Piel, Lehrbeauftragte und Doktorandin im Fachbereich Klinische Psychologie und Psychotherapie von Prof. Nikola Stenzel mit einem Beitrag zum Thema „Alice im Wunderland – Krankheitsspezifische Ängste bei interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD)“ an.

 

Mit Charmé, Witz und Esprit erklärte Piel, wie krankheitsspezifische Ängste bei interstitiellen Lungenerkrankungen aussehen können und beleuchtete Auswirkungen auf Lebensqualität der Betroffenen. Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat sie einen entsprechenden Fragebogen zur Beurteilung von krankheitsspezifischen Ängsten bei ILD mitentwickelt. Dabei stellte sie fest: der Fragebogen IAQ kann krankheitsspezifische Ängste identifizieren und somit für die interdisziplinäre Behandlung zugänglich machen.

 

Unter großem Beifall belegte Nina Piel schließlich den 2. Platz, dotiert mit einem Preisgeld von 1000€.

Hilfe bei der Bewältigung von Krieg und Trauma: Abkommen für transnationales ukrainisches Hilfsprojekt unterzeichnet

Die Psychologische Hochschule Berlin (PHB) hat mit der National Academy of Educational Sciences of Ukraine (NAES) ein Kooperationsabkommen zum gemeinsamen Hilfsprojekt „hope – helping to cope abgeschlossen. Das Abkommen wurde von Dr. Günter Koch, Geschäftsführer der PHB, und Prof. Dr. Vitalii Panok, Präsidiumsmitglied der NAES, unterzeichnet. Es besiegelt eine Zusammenarbeit über Grenzen hinweg, die unbürokratisch und schnell eine wichtige Versorgungslücke vor Ort schließen soll: die akutpsychologische Betreuung vom Krieg betroffener Kinder und Jugendlicher in der Ukraine.

 

Koordiniert von Prof. Johanna Böttcher (PHB) und Yuriy Luzenko (NAES) werden ukrainische SchulpsychologInnen im Umgang mit psychologischen Kriegsfolgen bei Kindern und Jugendlichen ausgebildet. Um eine schnelle Versorgung Betroffener zu gewährleisten, werden dabei sowohl Maßnahmen zur Prävention (Teilprojekt PREVENT) als auch zur Behandlung (Teilprojekt INTERVENE) systematisch vermittelt.

 

Mit dem Treffen der ProjektinitiatorInnen an der PHB hat sich nun ein Kreis geschlossen: Nach Beginn der Bombardements auf Kiew waren Prof. Panok und seine Tochter, die Psychologin Iryna Panok, aus der Ukraine nach Berlin geflüchtet. In Berlin angekommen beschlossen sie, psychologische Unterstützung für ihre Landsleute zu organisieren. Durch Internetrecherchen wurden sie auf die PHB aufmerksam: “We literally went door-to-door in the University and asked faculty members if they could help us find someone who could give us some guidance on how we might go about setting up an educational program on psychological aid”, erzählt Iryna Panok.

 

Die Hochschulleitung der PHB und Prof. Johanna Böttcher, Koordinatorin der Ukraine-Hilfsprojekte an der PHB, sagten schnelle und unbürokratische Unterstützung zu. Das Ziel des Projekts beschreibt Prof. Böttcher so: „Unsere KollegInnen in der Ukraine stehen vor der immensen Herausforderung, die psychologischen Folgen des Krieges aufzufangen. SchulpsychologInnen spielen hier eine Schlüsselrolle, da sie nah und zugänglich für Familien sind. Durch das hope-Projekt wollen wir sie bei ihrer großen Aufgabe unterstützen. Zusammen mit unseren ukrainischen KollegInnen wollen wir Fachkompetenzen vermitteln, Ressourcen stärken, und Überforderung, so weit es geht, vorbeugen. Wir wollen auch signalisieren, dass sie in dieser schwierigen Zeit nicht alleine sind.“

 

Ein halbes Jahr später war die Pilotphase des hope-Projekts erfolgreich beendet. Zusammen mit 15 Psychologen und Psychologinnen aus der Region Ivana-Frankivsk, der ostukrainischen Region Sumy sowie der aktuell unter Beschuss stehenden Dnipro-Region waren in dieser Phase die Bedarfe und Ansprüche der Zielgruppe erhoben und Lehrinhalte für die Workshops ausgewählt worden. Auf dieser Grundlage wurde eine Weiterbildung entwickelt, die im November gestartet ist und in der notfallpsychologische Kompetenzen zum Umgang mit akut traumatisierten Menschen vermittelt werden. Bis März nächsten Jahres werden 45 PsychologInnen weitergebildet, die im Anschluss wiederum andere PsychologInnen vor Ort ausbilden sollen. Auf diese Weise soll in den nächsten Monaten die psychologische Versorgung von Kindern und Jugendlichen vor Ort in der Ukraine exponentiell gesteigert werden. Die Erkenntnisse des Projekts sollen wissenschaftlich analysiert werden und als Grundlage zur Verbesserung von Gesundheitssystemen dienen.

 

Das Projekt hope – helping to cope wird getragen von der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB) und der National Academy of Educational Sciences of Ukraine (NAES). Es wird gefördert von der AETAS Kinderstiftung und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Weitere Infos

„Eine Art symbolischer Hafen“: steps – ein PiA-gesteuertes Hilfsprojekt für Geflüchtete an der PHB

Mehr als eine Million Menschen sind 2022 vor Krieg und Verfolgung nach Deutschland geflohen – die meisten kamen aus der Ukraine, viele aber auch aus Ländern wie Syrien, dem Irak oder Afghanistan. Diese Menschen sind vielfältigen psychischen Belastungen ausgesetzt – der Zugang zu psychologischer Hilfe ist jedoch gerade für Geflüchtete in Deutschland durch viele Barrieren erschwert. Um an dieser Stelle schnell und unbürokratisch zu helfen, haben Psychotherapeutinnen in Ausbildung an der PHB im Frühjahr 2022 das Projekt steps – strong together psychologically ins Leben gerufen. Innerhalb weniger Monate haben sie in ehrenamtlicher Arbeit ein professionell agierendes Ambulanzprojekt aufgebaut, das dolmetschergestützte psychologische Beratung für Erwachsene und Kinder anbietet. Inzwischen sind 15 PiAs und 10 Dolmetschende für steps aktiv und es wurden mehr als 150 Beratungsstunden – ebenfalls ehrenamtlich – geleistet. Wir wollten mehr über das Projekt erfahren und haben uns mit Tanja Trost, Swaantje Laurent, Natalia Premer und Mateo Bayer getroffen, um mit ihnen über ihre Erfahrungen mit steps und ihre Wünsche und Ziele für das Projekt zu sprechen.

PHB: Liebes steps-Team, vielen Dank erst einmal, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview genommen habt! Könnt ihr uns zum Einstieg erzählen, wie ihr auf die Idee gekommen seid, das Projekt steps ins Leben zu rufen?

Tanja Trost: Wir waren zu Beginn des Ukrainekriegs alle ziemlich überwältigt. Die Frage, die wir PsychotherapeutInnen in Ausbildung (PiAs) uns in dieser Situation gestellt haben, war: können wir einen Beitrag leisten mit der speziellen Kompetenz, die wir haben? Wir haben uns daraufhin als PiA-Gruppe mit sechs oder sieben Frauen zusammengefunden und erste Ideen gesammelt. Unterstützung haben wir dann auch schnell von Prof. Johanna Böttcher, Prof. Frank Jacobi und der Hochschulleitung der PHB bekommen – im Wesentlichen hat sich steps aber als PiA-gesteuertes Projekt entwickelt.

 

Swaantje Laurent: Was uns am Anfang auch sehr motiviert hat, war die Vernetzung mit der Universität Greifswald, die schon aktiv Geflüchtete psychologisch unterstützt hat. Es hat uns viel Mut gemacht zu sehen, dass so etwas möglich ist. Letztendlich haben wir uns nicht an dem speziellen aufsuchenden Beratungskonzept aus Greifswald orientiert, aber es war ein wichtiger Motivator für uns, der uns Ideen und Input gegeben hat. Seitens der PHB haben wir dann auch einen eigenen Raum gestellt bekommen und auf dieser Basis haben wir begonnen, uns zu organisieren. Es war uns von Anfang bewusst, dass viel an den Sprachmittelnden hängen wird – dass es ohne sie keinen Kontakt und kein Gespräch geben würde. Daher haben wir unsere Fühler zuerst in diese Richtung ausgestreckt. Gefühlt hat es lange gedauert, bis wir die ersten Beratungen anbieten konnten, aber objektiv gesehen ging es, glaube ich, relativ schnell.

 

Natalia Premer: Ja, im Mai kamen die ersten Anrufe und wir konnten dann auch schnell die ersten Beratungen durchführen.

 

 

PHB: Was ist seitdem aus dem Projekt geworden? Was ist steps und an wen richtet sich das Projekt?

Tanja Trost: Zunächst muss man sagen, dass sich unser Konzept mit den Erfahrungen, die wir machen, verändert. Wir hatten auch das Glück, dass wir nicht in ein bürokratisches Korsett gesteckt wurden, sondern uns selbst überlegen konnten, wen und wie wir beraten wollen. Generell hat steps sich zu einem Projekt entwickelt, das schnelle und unbürokratische psychologische Beratungen für Menschen anbietet, die aus ihren Heimatländern zu uns nach Berlin geflohen sind. Am Anfang hatten wir den Fokus fast exklusiv auf Menschen gerichtet, die aus der Ukraine zu uns gekommen sind. Das schloss natürlich auch Menschen aus Drittstaaten ein – die also beispielsweise in der Ukraine als Studierende gelebt hatten und flüchten mussten. Uns war aber nicht wohl dabei, eventuell eine Zwei-Klassen-Gesellschaft innerhalb der Geflüchteten zu kreieren. Darum haben wir unser Angebot ausgeweitet und greifen jetzt dort, wo andere Sprachen als Ukrainisch oder Russisch gefragt sind, auf professionelle Dolmetschende zurück. Was unser Beratungskonzept angeht, so bieten wir in einem ersten Schritt fünf Sitzungen mit 90 bis 120 Minuten an – da unterscheiden wir uns von Psychotherapien, die ja in der Regel 50 Minuten beinhalten. Mit 90 bis 120 Minuten haben wir bisher gute Erfahrungen gemacht, weil ja schon das Dolmetschen Zeit braucht. Was wir aber feststellen, ist, dass die fünf Sitzungen in vielen Fällen zu knapp bemessen sind – daher erweitern wir das in Einzelfällen auf bis zu zehn Sitzungen.

 

 

PHB: Wenn ihr von psychologischer Beratung sprecht – was umfasst das in eurem Fall denn genau?

Tanja Trost: Wir versuchen uns auf jede Person mit ihrem individuellen Anliegen sehr genau einzustellen. Dabei nutzen wir ein großes Spektrum an Interventionen. Wir kommen ja auch aus drei verschiedenen Verfahrensrichtungen – was es sehr spannend macht, weil jede und jeder Beratende eigene Ansätze hat. Aber es gibt einige Dinge, die uns einen. Zunächst einmal das Zuhören und Verstehen. Auch Stabilisierung ist ein wichtiges Thema in den meisten Gesprächen. Wir bieten einen Raum, in dem Menschen alle möglichen Themen ansprechen können. Wo sie Dinge aussprechen können, die sie erlebt haben, und wo Gefühle ausgedrückt werden können. Es geht oft um das, was wir in der Psychotherapie Gefühlsvalidierung nennen: Gefühle sein zu lassen, sie ernst zu nehmen und zu vermitteln, dass unangenehme Emotionen wie Angst, wie Wut, wie Verzweiflung oder auch Rachegefühle und Hoffnungslosigkeit da sein dürfen und auch völlig normal sind. Das würde ich sagen, ist eine Kernintervention, die wir alle anwenden.

 

Natalia Premer: Was ich noch ergänzen würde, ist, dass Belastungen durch die Alltagswelt ein großes Thema sind, bei dem wir unterstützen. Oft sind es zum Beispiel Mütter mit Kleinkindern, die sehr viele bürokratische Dinge erledigen müssen – eine Wohnung oder Arbeit finden, einen Integrationskurs suchen und auch die Zeit finden, an ihm teilzunehmen. Ich habe da eine große allgemeine, emotionale Belastung erlebt.

 

Mateo Bayer: Eine Erfahrung, die ich gemacht habe, ist, dass die Menschen, die ja gewissermaßen auch aus einem anderen kulturellen Kreis kommen, hier am Anfang oft sehr alleine sind. Und da bietet steps eine Art symbolischen Hafen. Das bedeutet, dass man nicht alleine ist – mit egal welcher Problematik. Außerdem trifft man bei steps auf Menschen, die hier leben, arbeiten und groß geworden sind – die die ganzen gesellschaftsspezifischen Abläufe kennen und die Sprache sprechen. Dass Geflüchtete bei uns diese Art von Unterstützung finden und das auch regelmäßig – das hat meine Klientinnen sehr stark stabilisiert.

 

 

PHB: Was sind denn Themen oder Bedarfe, mit denen Menschen zu euch kommen?

Natalia Premer: Viele Menschen kommen zu uns, weil sie ein hohes Maß an Stress und Belastung erleben.

 

Swaantje Laurent: Hoffnungslosigkeit, depressive Symptome und Ängste würde ich auch dazuzählen.

 

Tanja Trost: Die Fälle sind sehr unterschiedlich und die Menschen kommen aus ganz verschiedenen Zusammenhängen. Aber ich würde mich auch meinen Kolleginnen anschließen: es sind Belastungssymptome, es sind Depressionen und es sind Angstsymptomatiken. Und es gibt die Herausforderung, sich in dem neuen Umfeld zu orientieren. Außerdem ist uns aufgefallen, dass entgegen unserer Erwartungen konkrete Fluchterfahrungen oder Traumatisierungen sehr wenig angesprochen werden. Vielleicht ist es dafür noch zu früh.

 

Natalia Premer: Ja, Klient*innen wollen häufig nicht darüber reden. Bei einer meiner Klientinnen ist es auch so, dass sie über ihre Erfahrungen mit dem Krieg und der Flucht nicht sprechen möchte.

 

Swaantje Laurent: Eine meiner Klientinnen hat zwar über Kriegserfahrungen gesprochen – allerdings ging es dabei um den Angriff aus dem Jahr 2014. Das heißt, wir waren erst einmal in der Vergangenheit und sind gar nicht in die Gegenwart gekommen. Ich will damit sagen: diejenigen, die traumatisiert sind, sind teilweise schon sehr lange traumatisiert.

 

Mateo Bayer: Ich hätte noch zwei Themen, die ich ergänzen würde. Bei meinen Klienten ist das Thema Einsamkeit sehr präsent. Dazu gehören auch Fragen wie: wer bin ich und was mache ich hier? Und dann Verlust – und das bedeutet auch, Verlust der Heimat oder Verlust der Jugend dort.

 

Swaantje Laurent: Ja und allgemein die Frage: wie geht es jetzt weiter? Das windet sich wie ein roter Faden durch viele Beratungen.

 

 

PHB: Habt ihr die Möglichkeit, Menschen, bei denen ihr merkt, dass sie einen dringenden Therapiebedarf haben, auch in Therapien zu vermitteln?

Natalia Premer: Wenn es auf Englisch möglich ist, dann können wir bei unserer Ambulanz nachfragen. Vor kurzem hatten wir den Fall, dass eine Mutter einen Psychiater gesucht hat für ihre 14-jährige Tochter – auch da konnten wir einen Termin vermitteln. Unsere eigene Grenze ist da, wo es um wirklich klinisch relevante Diagnosen geht – dann können wir im Rahmen unseres Projekts nicht helfen. Wir können auch keine Rezepte ausstellen oder Medikamente besorgen. Aber das klären wir gleich telefonisch, dass wir nicht dafür da sind.

 

Mateo Bayer: Einige Fälle wurden auch in eine Klinik begleitet.

 

Tanja Trost: Ja, wir hatten suizidale Fälle, die wir in Kliniken unterbringen konnten – aber ansonsten ist es schon, als würde man eine Nadel im Heuhaufen suchen, wenn es darum geht, einen Psychotherapieplatz zu finden. Es gibt einfach sehr wenige freie Kapazitäten sowohl in unserer eigenen Ambulanz als auch bei niedergelassenen Therapeut*innen. Aber wir freuen uns, dass wir die ersten Klient*innen in die Ausbildungsambulanz der PHB übernehmen konnten, das wurde auch ganz unbürokratisch ermöglicht.

 

 

PHB: Was sind eure Ziele mittelfristig mit und für steps? Woran arbeitet ihr gerade und was würdet ihr euch wünschen für das Projekt?

Swaantje Laurent: Ein Ziel ist, dass wir stabil circa 10-15 Klient*innen in der Woche beraten können. Außerdem arbeiten wir noch daran, Abläufe zu optimieren und neue Dolmetschende und Therapierende zu finden. Es läuft schon alles ziemlich gut, aber es ist gleichzeitig auch noch vieles im Werden.

 

Natalia Premer: Für mich war steps zuerst eine Bewegung, um Menschen zu unterstützen. Und mit der Zeit habe ich gemerkt, wieviel wir als PiAs auch lernen können bei dem Projekt – das ist total bereichernd. Wir mussten Techniken entwickeln und uns Dokumentationsbögen oder Raumbuchungsverfahren überlegen – es ist so etwas wie unsere kleine Ambulanz geworden. Wie die Institutsambulanz aber im kleineren Maßstab. Man lernt viel über Beratungsstrategien und Fallanalyse und Teamarbeit. Ich finde, das ist eine unheimlich hilfreiche Erfahrung.

 

Mateo Bayer: Aus meiner Sicht war der Ukrainekrieg eine Art Impuls, der dafür sensibilisiert hat, dass es Menschen in Not gibt. Ich bin froh, dass wir unser Angebot ausgeweitet haben. Es hat sich merkwürdig angefühlt, diese Hilfe nur für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe anzubieten, die momentan natürlich massiv leidet. Ich würde mir wünschen, dass wir die anderen nicht aus dem Blick verlieren und ich glaube, das ist auch unser gesellschaftlicher Auftrag. Inhaltlich läuft es aus meiner Sicht gut, ich würde mir aber wünschen, dass die Strukturen, die sich bei uns im Haus der Psychologie in der Zusammenarbeit von BAP und PHB gebildet haben, dauerhaft etabliert werden.

 

Tanja Trost: Ich würde mir wünschen, dass steps nicht nur ein engagiertes Projekt von einem Jahr war. Ich halte es für realistisch, an der PHB dauerhaft eine Ambulanz für Geflüchtete aufzubauen, die zudem nicht nur auf ukrainische Geflüchtete beschränkt ist. Und ich hätte einen weiteren Wunsch, der mit einem ausdrücklichen Kompliment an die Geschäftsführung und alle Kolleg*innen der PHB verbunden ist, die uns unterstützt haben. Wir haben wirklich immer offene Türen gehabt mit unseren Ideen und haben unheimlich viel Gestaltungsmöglichkeiten. Das hat uns einen tollen Rahmen gegeben, weil wir gestalten durften, wie wir meinten – es hat uns niemand gebremst. Wenn wir etwas brauchten, haben wir es auch bekommen. Und das hat, glaube ich, diese Atmosphäre geschaffen, in der wir dann so engagiert bis heute arbeiten konnten. Ich würde mir wünschen, dass das so bleibt. Das empfinde ich als etwas Besonderes. Für ein Fortbestehen des Projekts werden wir aber tatsächlich mehr finanzielle Ressourcen benötigen. Ich kann mir vorstellen, dass das PiA-Engagement weiterhin hoch bleibt, weil es auch eine wertvolle Erfahrung ist, schon vor der Zwischenprüfung intensiv Beratungserfahrung zu sammeln. Aber mindestens die koordinierenden Stellen – also die Projektleitung und die Anmeldung – müssten dauerhaft finanziell gesichert sein. Das ist das Rückgrat, was alles trägt. Dazu kommen die Dolmetschenden, die für die Beratungen bezahlt werden müssen. Und es wäre außerdem wichtig, auch den Beratenden eine Aufwandsentschädigung geben zu können.

 

Swaantje Laurent: Ich wünsche mir auch sehr, dass es weitergeht, denn es ist so viel Arbeit und Liebe in dieses Projekt reingeflossen. Es ist etwas sehr, sehr gutes entstanden. Sollte das jetzt irgendwann mal nicht mehr möglich sein, weil die finanziellen Ressourcen fehlen oder unsere PiAs die Zeit nicht mehr ehrenamtlich aufbringen können – das fände ich sehr schade. Ich hoffe, dass dafür Lösungen gefunden werden und auch Kooperationspartner, die uns unterstützen. Persönlich hoffe ich, dass ich noch eine längere Zeit dabeibleiben kann. Aber auch ich muss sehen, wie viel Ehrenamt für mich vereinbar ist mit anderen Bedürfnissen.

Interviewbeteiligte

Tanja Trost, Psychotherapeutin in Ausbildung in Systemischer Therapie (PHB), Projektkoordinatorin und psychologische Beraterin bei steps

Swaantje Laurent: Psychotherapeutin in Ausbildung in Verhaltenstherapie (PHB), Projektkoordinatorin und psychologische Beraterin bei steps

Natalia Premer: Psychotherapeutin in Ausbildung in Systemischer Therapie (PHB), Sprechstundenkoordination, Dolmetscherin, Übersetzerin und psychologische Beraterin bei steps

Mateo Bayer: Psychotherapeut in Ausbildung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (BAP), psychologischer Berater für steps

Interview: Cornelia Weinberger

Fotos: Mara Buggenthin

Versorgung von Menschen mit idiopathischer Lungenfibrose: Neues Drittmittelprojekt an der PHB gestartet

Unter Leitung von Prof. Dr. Nikola Stenzel ist an der PHB ein neues internationales und multidisziplinäres Forschungsprojekt mit dem Titel COCOS-IPF gestartet, das zum Ziel hat, einen Beitrag zur Verbesserung der europaweiten psychologischen und medizinischen Routineversorgung für Menschen mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF) zu leisten.

 

Idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine seltene und irreversible Lungenerkrankung, die für Betroffene mit einer starken Belastung einhergeht. Das COCOS-IPF-Projekt verfolgt einen innovativen Ansatz, der nicht nur auf die Erfahrung verschiedener internationaler ExpertInnen auf dem Gebiet der medizinischen und psychosozialen Gesundheitsversorgung aufbaut, sondern auch die zentralen Bedürfnisse Betroffener, durch engen Einbezug der PatientInnenperspektive, berücksichtigt und in die Ergebnisse integriert.

 

Die Psychologische Hochschule Berlin freut sich, die psychosoziale Expertise für den Studienstandort Deutschland vertreten zu dürfen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gefördert und ist am Lehrstuhl für klinische Psychologie und Psychotherapie (Verhaltenstherapie) von Prof. Dr. Nikola M. Stenzel verortet. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin wird M.Sc. Silja Schenk das Team ergänzen.


Prof. Dr. Nikola Stenzel ist  Leiterin des Studiengangs M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie und des Fachbereichs Klinische Psychologie und Psychotherapie mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie sowie der Hochschulambulanz an der PHB. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehört der Einfluss psychischer Faktoren auf die Symptomwahrnehmung und das Symptommanagement bei chronischen Lungenerkrankungen.

„Gesundheit in Gesellschaft“: Öffentliche Vorlesungsreihe im Wintersemester an der PHB

Vortragsreihe: Gesundheit in Gesellschaft Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Prozess beständigen Wandels, der auf verschiedenen Ebenen krisenhafte Ausformungen angenommen hat. Die Klimakrise, die Pandemie, der Ukrainekrieg und damit einhergehende existenzielle Bedrohungen haben viele Menschen in ihren bisherigen Lebensweisen und Gewissheiten erschüttert. Wie kann die Psychologie – in ihrer Doppelrolle als Wissenschaft und als Profession – an dieser Stelle unterstützen? Welche sozialen Aufgaben hat sie in Zeiten von Krisen, Konflikten und Unsicherheiten? Welche Beiträge kann sie bei der Weiterentwicklung einer lebenswerten Gesellschaft leisten und wie kann sie gesellschaftlichen Zusammenhalt und Resilienz fördern? Diesen Fragen widmet sich die Veranstaltungsreihe „Psychologie und Gesellschaft“, die die PHB  im Sommersemester 2022 in Kooperation mit der Sektion Politische Psychologie des Berufsverbands deutscher Psychologinnen und Psychologen initiiert hat. 

 

Im Wintersemester bietet der Fachbereich Organisations-, Wirtschafts- und Sozialpsychologie unter Leitung von Prof. Tim Vahle-Hinz im Rahmen der Reihe Vorträge zum Themenbereich „Gesundheit in Gesellschaft“ an. Was hält Menschen gesund in Zeiten von Krisen und Unsicherheit? Und wie kann man psychischen Erkrankungen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene vorbeugen? Fragen wie diesen widmet sich Expertinnen und Experten aus den Bereichen Arbeits- und Gesundheitspsychologie am Beispiel von Themen wie Resilienz, Selbstregulation sowie digitale Technologie in der Prävention.

 

Die Reihe ist auch Teil des M.Sc. Psychologie: Gesundheit in Arbeit und Gesellschaft, der im Wintersemester neu an der PHB gestartet ist. Alle Vorträge finden via Zoom statt – alle Interessierten sind herzlich eingeladen! Mehr Informationen und Möglichkeiten zur Anmeldung finden sich unter den Links zu den einzelnen Veranstaltungen.

PHB heißt Dr. Georg Hosoya als Vertretungsprofessor für Methodenlehre willkommen

Die PHB heißt Dr. Georg Hosoya herzlich willkommen, der ab dem Wintersemester 2022/23 für zwei Semester eine Vertretungsprofessur für Methodenlehre übernommen hat.

 

Dr. Hosoya hat Psychologie an der Freien Universität Berlin studiert und zur wissenschaftlichen Erfassung intraindividueller Variabilität promoviert.  Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter war er an der Technischen Universität Berlin sowie an der Freien Universität Berlin tätig. In Folge seiner Arbeit am Exzellenzcluster „Languages of Emotion“ der Freien Universität Berlin widmet er sich in seiner Forschungsarbeit unter anderem der Frage, wie emotionale Reaktionen auf Kunst wissenschaftlich erfasst und interpretiert werden können. Weitere Themen seiner wissenschaftlichen Arbeit sind die längsschnittliche Modellierung von psychologischen Zuständen sowie Bayesianische Methoden und Item-Response-Theorie (IRT).

 

An der PHB wird Dr. Hosoya in den kommenden zwei Semestern Lehre in der Methodenlehre im Bachelor- und Masterstudium übernehmen.

Preis für hervorragende Abschlussarbeit mit besonderer gesellschaftlicher Relevanz an Morgane Kroeger

PHB-Rektor Prof. Preiser bei der Urkundenübergabe an Morgane Kroeger.
Prof. Preiser bei der Urkundenübergabe an Morgane Kroeger. Foto C. Weinberger

Den diesjährigen Preis für eine hervorragende Abschlussarbeit mit gesellschaftlicher Relevanz hat  Morgane Kroeger, Absolventin des Bachelorstudiengangs, mit ihrer Arbeit „Sensibilisierung für Warnsignale vor islamistischen Terroranschlägen zur Erhöhung der Meldebereitschaft bei Sicherheitsbehörden und Beratungsstellen“ erhalten. Der Preis wird vom Kuratorium der PHB vergeben und wurde am 12. Oktober von Prof. Dr. Siegfried Preiser, Rektor der PHB, überreicht.

 

In ihrer Bachelorarbeit widmete sich Morgane Kroeger der Frage, wie Menschen für Warnsignale vor islamistischen Terroranschlägen sensibilisiert werden können und ihre Bereitschaft erhöht werden kann, entsprechende Beobachtungen zu melden. Warnsignale und Ankündigungen wurden in fast allen Fällen von islamistischen Terroranschlägen in Deutschland und auch bei Amokläufen in Schulen beobachtet – sie werden unter dem Begriff Leaking zusammengefasst. Vor allem Angehörige des näheren sozialen Umfeld von TäterInnen werden häufig zu ZeugInnen von Leakingphänomenen – sie geben jedoch oft ihre Beobachtungen nicht an Behörden weiter, sodass diese nicht darauf reagieren können. Daher ist es von großer Bedeutung, Meldungen von Warnsignalen zu fördern.

 

Vor diesem Hintergrund untersuchte Morgane Kroeger in ihrer Arbeit, inwieweit Menschen, die für gewaltbereiten Salafismus sensibilisiert wurden, häufiger angeben, dass sie Warnsignale an Sicherheitsbehörden und Beratungsstellen melden würden, als Teilnehmende einer nicht sensibilisierten Kontrollgruppe. Entgegen ihrer Ausgangshypothese stellte sich heraus, dass Teilnehmende der sensibilisierten Experimentalgruppe Warnsignale nicht häufiger gemeldet hätten als Teilnehmende der Kontrollgruppe. Allerdings gaben Versuchspersonen beider Gruppen an, dass sie Warnsignale eher Beratungsstellen mitteilen würden als Sicherheitsbehörden.

 

Für Morgane Kroeger sind dies wichtige Ergebnisse: „Diese Befunde verdeutlichen, dass Beratungsstellen für Radikalisierung eine wichtige Schnittstelle zwischen der Bevölkerung und Sicherheitsbehörden sein und ein wichtiges Element in der Terrorismusbekämpfung darstellen können.“, so die Preisträgerin bei der Vorstellung ihrer Studie. „Außerdem lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass bestehende Instrumente der Sensibilisierung für Warnsignale eventuell nicht ausreichen, um die Meldebereitschaft zu erhöhen und dass eine Diskussion darüber sinnvoll sein könnte, ob andere Faktoren einen größeren Einfluss darauf haben könnten.“

 

Prof. Siegfried Preiser, Rektor der PHB, bezeichnete die Arbeit von Morgane Kroeger in seiner Würdigung als Beitrag zu einem gesamtgesellschaftlich hochrelevanten Thema – der Prävention von Gewalttaten: „Wir brauchen Studien, die dazu führen, dass Bedrohungen frühzeitig erkannt werden. Gleichzeitig müssen Sicherheitsbehörden in der Lage sein, gezielt präventiv tätig zu werden. Da gibt es viel zu tun.“

Der Preis für hervorragende Masterarbeiten mit gesellschaftlicher Relevanz wird seit 2020 vom Kuratorium der PHB verliehen. Er soll die Verantwortung der PHB und der Psychologie insgesamt für gesellschaftliche Problemfelder deutlich machen und auch darauf hinweisen, dass nahezu alle Teilgebiete der Psychologie für die Gestaltung der Gesellschaft in den Bereichen Bildung, Beruf, Familie, Alltag, Gesundheitsversorgung sowie öffentliche und private Sicherheit bedeutsam sind. Mit dem Preis werden jedes Jahr sehr gute wissenschaftliche Arbeiten von Studierenden der PHB ausgezeichnet, die sich mit der Bearbeitung gesellschaftlicher Herausforderungen befassen.

Mitten in Friedrichshain: Neue Außenstelle der PHB in Grünberger Straße eröffnet

In der Grünberger Straße 54 in Friedrichshain wurde im September eine gemeinsame neue Außenstelle der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB), der Berliner Akademie für Psychotherapie (BAP) und der Deutschen Psychologen Akademie (DPA) eröffnet.

 

„Die PHB ist in den letzten Jahren sehr gewachsen – daher haben wir schon einige Zeit nach neuen Räumlichkeiten gesucht.“, so Dr. Günter Koch, Geschäftsführer der PHB, bei der Eröffnungsfeier. „Ich bin sehr froh, dass wir nun auch in einem so lebendigen Bezirk wie Friedrichshain ansässig sind, der kulturell so spannend und vielfältig ist – und gleichzeitig auch die Aufgaben der Psychologie in unserer Gesellschaft sichtbar werden lässt.“

 

In den knapp 20 neuen Räumen der neuen Außenstelle werden nun sowohl Seminare stattfinden als auch Psychotherapien der Ausbildungs- sowie der Hochschulambulanz der PHB durchgeführt werden. Zusätzlich sind Büroräume für die Hochschulambulanz der PHB sowie für die Deutsche Psychologen Akademie eingerichtet worden.

Fotos: Cornelia Weinberger