Am 01. November fand an der PHB die diesjährige Herbst- und Examensfeier statt, auf der Absolventen und Absolventinnen der Bachelor- und Masterstudiengänge sowie der Approbationsausbildungen verabschiedet wurden. Im Rahmen der Feier zeichnete Rektor Prof. Siegfried Preiser zudem herausragende Abschlussarbeiten dieses Jahrgangs aus. Durch den Verein der Freunde und Förderer werden hierfür jährlich zwei Preise für herausragende Abschlussarbeiten und ein Preis für eine Abschlussarbeit mit herausragender gesellschaftlicher Relevanz gestiftet. Preisträgerinnen waren dieses Jahr Louisa Stöwe (B.Sc. Psychologie), Morgane Kroeger (M.Sc. Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie) sowie Sophia Kunze (M.Sc. Psychologie).
Weibliche sexualisierte Gewalt: Zusammenhang zwischen Fantasie und Verhalten
Den Preis für die beste Bachelorarbeit erhielt Louisa Stöwe, die sich dem Thema sexualisierte Gewalt widmete. Dabei nahm sie einen besonderen Fokus ein: „Die bisherige Forschung hat sich fast ausschließlich mit männlichen Tätern beschäftigt“, so die Absolventin. „Ich wollte stattdessen den Fokus auf weibliche sexuelle Aggression legen. Das Phänomen mag vielleicht erst einmal fremd erscheinen, aber es kommt vor – und zwar sogar in einem relativ hohen Maß.“ In ihrer Arbeit untersuchte sie die Frage, ob aggressive sexuelle Fantasien die Tendenz sexuelle Gewalt auszuüben erhöhen. Zu diesem Zweck nutzte sie Daten einer Fragebogenerhebung, an der mehr als 1700 Frauen zwischen 18 und 79 Jahren teilgenommen hatten. Ihr Ergebnis: tatsächlich konnte die Häufigkeit von aggressiven sexuellen Fantasien über andere Risikofaktoren hinaus einen signifikanten Anteil der Tendenz zu sexuell nötigendem Verhalten erklären. Die Jury würdigte die Arbeit als „hervorragende Bachelorarbeit, die besondere Beachtung und Auszeichnung“ verdiene und dazu beitrage Forschungslücken zu sexueller Aggression durch Frauen zu schließen.
Leaking in Psychotherapien: Wie oft kündigen Menschen in Psychotherapien Gewaltdelikte an?
Für eine herausragende Masterarbeit ausgezeichnet wurde Morgane Kroeger mit ihrer Arbeit zum Thema „Leaking im Rahmen von Psychotherapien“. Bei Leaking handelt es sich Aussagen oder Verhaltensweisen, die darauf hinweisen, dass eine Person vorhat, eine schwerwiegende Gewalttat wie Tötungsdelikte, Amok- oder Terroranschläge zu verüben. „Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass ein Großteil der Täter*innen im Vorfeld genau diese Verhaltensweisen zeigten.“, so Morgane Kroeger. „Daher handelt es sich um einen wichtigen Ansatzpunkt, um potentielle Täter*innen frühzeitig zu identifizieren. Das Wissen zu diesem Thema ist allerdings noch sehr begrenzt. So wurde noch nicht systematisch untersucht, ob Leaking auch im Rahmen von Psychotherapien beobachtet werden kann. Genau damit habe ich mich dann in meiner Masterarbeit befasst.“ Ziel ihrer Arbeit war es erste Erkenntnisse zur Häufigkeit von Leaking in diesem Kontext zu erlangen und den Umgang von Psychotherapeut*innen zu untersuchen. Dazu führte die Absolventin eine Onlinebefragung mit 195 Psychotherapeut*innen durch. Das Ergebnis: mit 42 Prozent wurde Leaking häufig, wenn auch seltener als erwartet, von den Teilnehmenden beobachtet. Dabei fühlten sich die Psychtherapeut*innen unabhängig von ihrer Berufserfahrung im Durchschnitt wenig kompetent im Umgang mit Leaking und wünschten sich mehr Unterstützung. „Morgane Kroeger hat mit ihrer Masterarbeit dazu beigetragen, eine wichtige Forschungslücke zu Leakingphänomenen aufzuarbeiten, indem sie die Häufigkeit, die Formen und die Reaktionen auf Leaking im psychotherapeutischen Kontext erstmals systematisch beleuchtet.“, so die Jury in ihrer Laudatio. „Es handelt sich um eine hervorragende Masterarbeit, die sich auf innovative Weise mit einem gesamtgesellschaftlich relevanten Thema auseinandersetzt und Wege aufzeigt, wie die Prävention schwerer Gewalttaten in Zukunft häufiger gelingen kann“.
Wie müssen sich Arbeitsbedingungen verändern damit Menschen mit Post-COVID-Fatigue erwerbstätig bleiben können?
Den Preis für eine Masterarbeit mit herausragender gesellschaftlicher Relevanz erhielt Sophia Kunze. In ihrer Arbeit beschäftigte sie sich mit gesundheitlichen Auswirkungen des Post-COVID-Fatigue Syndroms und deren Einfluss auf das Arbeitsleben. „Für viele Menschen ist die Pandemie noch lange nicht vorbei. Selbst milde Krankheitsverläufe haben bei einigen Menschen zu Post-COVID-Syndromen geführt, die mit chronischer Erschöpfung und Müdigkeit sowie weiteren alltagsbeeinträchtigenden Symptomen einhergehen. Erste Studien haben gezeigt, dass dies in vielen Fällen zur Erwerbsunfähigkeit geführt hat“, führte Sophia Kunze den Hintergrund ihrer Arbeit aus. Da es zu ihrer Forschungsfrage noch wenig Studien gibt, wandte sie ein exploratives Forschungsdesign an. Mittels qualitativer Interviews befragte sie Personen aus verschiedenen Berufsgruppen zu ihrem Umgang mit Belastungen am Arbeitsplatz. Sie kam dabei zu dem Ergebnis, dass eine Aufrechterhaltung der Erwerbstätigkeit bei Post-COVID Syndromen individuelle Anpassungen der Arbeitsbedingungen erfordert, wobei vor allem die Einhaltung der jeweiligen Belastungsgrenze und die Möglichkeit zu flexibler Arbeitsgestaltung als unerlässlich angesehen wurden. Eine aktive Teilhabe an Erwerbsarbeit zu gewährleisten sei, so die Jury in ihrer Begründung, „eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, deren Bewältigung fundierte Forschungserkenntnisse braucht. Hierzu leistet die Arbeit von Frau Kunze einen Beitrag, weil sie in emphatischer Weise, erstmalig die Erfahrungen von Long-Covid Erkrankten bei dem Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit dokumentiert und aus den Aussagen relevante Herausforderung für einen gelungenen Wiedereinstieg herausarbeitet.“