Unsere Gesellschaft befindet sich in einem Prozess beständigen Wandels, der in den letzten Jahren auf verschiedenen Ebenen krisenhafte Ausformungen angenommen hat. Die Klimakrise, die Corona-Pandemie, der Ukrainekrieg und damit einhergehend neue Flucht- und Migrationsbewegungen haben das Leben vieler Menschen erschüttert und bisherige Lebensweisen und Gewissheiten aufgelöst. Dabei ist die Gesellschaft zunehmend mit Spannungen und Konflikten konfrontiert, die Gefahren der Eskalation und Spaltung mit sich bringen.
Wie kann die Psychologie – in ihrer Doppelrolle als Wissenschaft und als Profession – an dieser Stelle unterstützen? Welche gesellschaftlichen Aufgaben hat sie in Zeiten von Krisen, Konflikten und Unsicherheiten? Welche Beiträge kann sie bei der Weiterentwicklung einer lebenswerten Gesellschaft leisten und wie kann sie gesellschaftlichen Zusammenhalt und Resilienz fördern? Zu diesen Themen hat die PHB gemeinsam mit der Sektion Politische Psychologie des BDP eine neue Veranstaltungsreihe „Psychologie und Gesellschaft“ ins Leben gerufen, die sich im Sommersemester mit den Themen Krieg und Flucht beschäftigen wird. Die Vorträge werden im Hörsaal der PHB stattfinden – alle Interessierten sind herzlich eingeladen!
Im ersten Vortrag der neuen Vortragsreihe wird sich Dr. Korinna Fritzemeyer am 03. Mai der Frage widmen, wie private oder professionelle Begegnungen mit Menschen, die Kriegserfahrungen haben, gestaltet werden können. Dr. Fritzemeyer forscht schwerpunktmäßig zur generationsübergreifenden Weitergabe von Traumatisierungen durch Krieg und Verfolgung. In der Praxis hat sie lange mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen im Nordirak gearbeitet und ist in einem psychoanalytisch orientierten Projekt für geflüchtete Familien mit Kleinkindern in Berlin-Neukölln tätig.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Ursachen und Folgen von Traumata wird Dr. Inga Schalinski, Vertretungsprofessorin im Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie an der PHB, im zweiten Vortrag am 23. Mai vorstellen. Dabei wird sie auch darauf eingehen, wann Belastungen zu psychischen Erkrankungen führen – und was davor schützt. Dr. Schalinski hat zu Posttraumatischen Belastungsstörungen promoviert und sich in der Folge wissenschaftlich mit den Themen Gewalt, Krieg und Traumata beschäftigt.
Auf die Perspektive derjenigen, die aktiv kämpfend an Kriegsgeschehen beteiligt sind, wird schließlich Dr. Claudia Bueno am 19. Juli eingehen. Dabei wird sie sich mit der Frage befassen, inwiefern auch die Ausübung von Gewalt für die Täter mit eigenen Traumatisierungen verknüpft ist – und inwiefern mit zunehmender Tendenz zu Brutalität. Dr. Bueno hat an der Universität Konstanz promoviert. Dabei hat sie die Traumaexposition und die psychische Belastung von Tätern und Opfern organisierter Gewalt in lateinamerikanischen Kriegsregionen untersucht.